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Trump der Musterbrecher
Wie ein Change scheitern kann – und warum das manchmal hoffen lässt
Wenn ein Wirtschaftsunternehmen schwächelt, ist die Lösung meistens schnell zur Hand: Ein neuer Chef muss her! Einer, der richtig aufräumt, die bisherigen Versager feuert und endlich alles anders macht.
Manchmal funktioniert das, häufig nicht. Nämlich dann, wenn die „disruptiven“ Aktionen und Initiativen des (oder der) Neuen in den gut eingespielten Abwehrroutinen der Organisation hängenbleiben: „Das haben wir noch nie so gemacht“, sagen dann die Mitarbeiter, oder „das kann doch nicht funktionieren“. Und versuchen, so lange Widerstand zu leisten, bis es wirklich nicht funktioniert.
Warum ist das so? Der radikale Change zerstört nicht nur vieles an der Oberfläche, sondern bedroht das, was man aus organisationsberaterischer Sicht „Muster“ nennt: tief in das Selbstverständnis eines Unternehmens eingewobene Einstellungen, Prägungen und Verhaltensweisen. Die Sicherheit und Vertrauen geben. Und deshalb braucht es Verständnis, Zeit und Energie, um sie zu verändern – wer die Muster dagegen „brechen“ will, wird in der Regel scheitern.
Einen „Musterbruch“ der besonderen Art erlebt die Welt derzeit mit dem neuen amerikanischen Präsidenten. Ein paar Beispiele gefällig?
Ganz offensichtlich glaubt Donald Trump, dass
- die Führung der Weltmacht Nummer Eins ein permanentes „Deal-Making“ nur zum eigenen Vorteil ist;
- Regieren heißt, seinen Wahlkampf fortzusetzen: lügen, vereinfachen und ausgrenzen;
- ein Grundmuster der amerikanischen Verfassung – die „checks and balances“ mit einer unabhängigen Justiz – für ihn nicht gilt;
- Politik keinesfalls darin bestehen kann, mühsam Kompromisse auszuhandeln und immer wieder unterschiedliche Zielkonflikte auszubalancieren;
- und sich die Probleme in 140-Twitter-Zeichen ausreichend beschreiben lassen.
Die Irritation, ja Verstörung, die Donald Trump damit in Teilen der USA und weltweit auslöst, ist derzeit jeden Tag mit Händen zu greifen. Sie ist Ausdruck dafür, wie massiv der neue „trumpistische“ Führungsstil das bisherige System bedroht.
Damit ist sie zugleich Anlass für eine leise Hoffnung: dass auch in diesem Change-Projekt der besonderen Art am Ende die Abwehrroutinen in Politik, Gesellschaft, Justiz, Medien und Wirtschaft stark genug sind, um das Schlimmste – Abschottung und Ausgrenzung, Gefährdung des Wohlstands, Bedrohung der internationalen Ordnung, vielleicht sogar des Weltfriedens – zu verhindern. Und dass gleichzeitig noch viel stärker ernsthafte und nachhaltige Initiativen starten zur Durchsetzung von Freiheit und Gerechtigkeit: in den abgehängten „Rust Belts“ des Westens und weltweit.
Denn das zumindest zeigt die Wahl des Musterbrechers Trump (und der wachsende Erfolg seiner Nachahmer in Europa): Ein schlichtes „Weiter so“ als Anti-Populismus-Programm reicht nicht.