Fließende Welt, Fülle des Lebens
Eine inspirierende Begegnung mit dem Künstler Kanjo Také in Düsseldorf
Die anmutige japanische Geisha, das Haupt mit ihrem kostbaren Kimono verhüllt, erscheint zugleich wie eine christliche Madonna.
Ein Blütenmeer wie bei Claude Monet – doch die Idylle ist gestört: Denn zartgliedrige Drohnen, erst bei näherem Hinsehen zu erkennen, überwachen diesen Sommer-Rausch in Sonnengelb und Gold.
Filigrane Eier in zartrosa, gefangen in einem Netz aus Stacheldraht: Die Komposition vor einem schwarzen Hintergrund weckt Assoziationen an die Dornenkrone Jesu, an das Ei als österliches Symbol oder als Zeichen der Schöpfung, das hier bedroht und eingeschlossen ist.
Das sind nur drei Beispiele von Werken des deutschen japanischen Künstlers Kanjo Také. Ihn und seine Kunst durfte ich kürzlich bei einer ganz besonderen Veranstaltung erleben: Verena und Gerald Sonnleitner, die unter dem Motto „Business & Arts“ regelmäßig auf charmante und zwanglose Weise Kunst und Wirtschaft in einen fruchtbaren Dialog bringen, hatten in die Räume der Düsseldorfer Galeristin Shia Bender eingeladen, um mit Kanjo Také ins Gespräch über seine Arbeit zu kommen.
Eine Arbeit, die in ihrer Vielfältigkeit beeindruckt: Sie verbindet Orient und Okzident, verknüpft Fotografie und Malerei, bannt Bewegtbilder und Töne als Videoprojektionen auf riesengroße Flächen – so etwa 2017 das Werk „Amadeus“ auf die barocke Fassade der Kollegienkirche in Salzburg –, umfasst die überbordende, schier explodierende Farbigkeit des sieben Meter breiten Kunstwerks „Evolution“ ebenso wie die perfekte Harmonie in der Schwarz-Weiß-Fotografie eines Zen-Gartens.
Was ich dabei inspirierend fand: Dieses Gespür für existenzielle Fragen kommt nicht moralinsauer oder schwermütig daher. Sondern absichtslos und in immer wieder anderer Gestalt: stürmisch und still, wuchtig und leicht, zart und wild, schwarz-weiß und bunt. Als „Bilder der fließenden Welt“ versteht Kanjo Také seine Kunst. Als Theologe fällt mir dazu das schöne biblische Motiv der „Fülle des Lebens“ ein – Kanjo Takés Werke, so scheint es mir, sind ein direkter Verweis darauf.
Der Besuch bei Shia Bender und Kanjo Také sollte – unter Einhaltung aller gebotenen Vorsichtsmaßnahmen – ein bewusster „Anti-Corona-Kontrapunkt“ sein, so hatten es Verena und Gerald Sonnleiter geplant. Das ist ihnen gelungen. „Kunst wischt den Staub des Alltags von der Seele“, hat Picasso einst gesagt. In Zeiten von Corona ist diese Staubschicht zuweilen besonders dick. Doch seit dem Abend in Düsseldorf ist die Seele wieder ein ganzes Stück reiner.
PS: Wer zumindest virtuell in den Genuss einiger Werke von Kanjo Také kommen will, wird hier fündig: www.kanjotake.com und www.galerie-shia-bender.com.