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Von Tiefkühltruhen, Handbremsen und Opfern
Beim Zugfahren lernt man, wie Unternehmen wirklich ticken
Kürzlich im ICE: Links überm Gang sitzen zwei Männer und zwei Frauen am Tisch, die alle zum selben Unternehmen gehören. Vor ihnen auf dem Tisch liegen Formulare mit dem Firmenlogo: „Wir füllen das einfach irgendwie aus“, sagt eine, die anderen nicken zustimmen. Die Gespräche gehen weiter, ohne größere Anstrengung sind ganze Passagen gut zu verstehen. „Das Schönste an der Fusion ist die Zeiterfassung, ich will nicht wissen, was los gewesen wäre, wenn man die nicht eingeführt hätte“, sagt wieder die Dame. Erneut zustimmendes Nicken. Man pendelt gerade von einem Fusionsstandort zum anderen, da werden die Arbeitstage schon mal länger.
Auch auf der rechten Seite vom Gang unterhalten sich zwei Männer über ihren gemeinsamen Arbeitgeber. Und auch hier kann man mühelos weite Teile der Unterhaltung mitverfolgen. Beide sind sich einig, dass ein größerer strategischer Umbau nicht funktioniert. Die Begründung ist klar: „Wenn der Auftraggeber natürlich mit angezogener Handbremse fährt …“, meint der eine und lässt das Satzende wissend unausgesprochen. Der andere hat noch einen Grund ausgemacht: Ständig gehe es darum, „Befindlichkeiten zu klären statt Interessen“.
Links vom Gang folgt ein Wechsel in der Betrachtung: von der Unternehmens- auf die persönliche Ebene. „Wenn ich zu Frau … reingehe, kann ich auch zu einer Tiefkühltruhe reingehen“, sagt eine. „Ich frage mich, wie der das AC (Assessment Center) geschafft hat“, äußert ein anderer. Und schließlich noch eine Einschätzung: „Er hat sich als Opfer verkauft – wobei, teilweise Opfer ist er ja auch.“
Rechts vom Gang sind die beiden ebenfalls zum Austausch über einzelne Personen in ihrer Firma übergegangen: „Mit einem Schlag fünf Freunde zu Feinden gemacht, das muss man erst mal schaffen“, sagt der eine mit einer Mischung aus Verachtung, Mitleid und Bewunderung. Gemeint ist offenbar eine Führungskraft.
So geht es noch eine Weile hin und her. Und wie am Anfang, so kommt auch gegen Ende dieser Zugfahrt wieder das Ganze der Unternehmen und ihrer jeweiligen Führung in den Blick, auf beiden Seiten des Gangs. Zu vernehmen sind zwei deutliche Statements über die jeweils eigene Firmenkultur: „Das ist das Verharren in alten Strukturen“, tönt es links vom Gang. Und rechts: „Es geht nicht um Qualität oder hehre Ziele, es geht darum, wer gewinnt und wer verliert.“
Was immer die alten Strukturen sind, wer Gewinner ist oder Verlierer oder was sich sonst hinter diesen Gesprächs-Fragmenten verbirgt – die Äußerungen zeigen vor allem eins: die destruktive Energie in solchen Firmen, die zu Problemorientierung, Rückzug, Frust und Missgunst führt. So dass man sich fragt: Was müsste in diesen Unternehmen passieren, damit die Mitarbeiter auf einer Zugfahrt von ihrer Arbeit, den Kollegen und überhaupt der guten Stimmung schwärmen?
PS: Wissen Sie, was Ihre Mitarbeiter während einer Zugfahrt über Ihr Unternehmen sagen? Und wenn ja, ist es das, was Sie hören wollen? Wenn nicht, könnte ich Ihnen vielleicht dabei helfen, destruktive in konstruktive Energie zu verwandeln, um mit engagierten und motivierten Mitarbeitern erfolgreich zu sein. Sprechen Sie mich einfach an – ich freue mich, von Ihnen zu hören!